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Published on August 18th, 2014 | by Thomas Jung

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Sometimes You Die ist der Überraschungshit 2014

Ein iOS-Spiel mit existenziellem Anschlag, weitgehend im Alleingang vom 22-jährigen Philipp Stollenmayer entwickelt, das uns ein „>“-Zeichen durch grau-schwarze minimalistische Schächte führen lässt – nicht die besten Vorzeichen für einen Hit. Und doch sprang das morbide Jump ’n‘ Run binnen kürzester Zeit auf den ersten Platz der Verkaufshitliste in den USA. Viele Spieler scheinen gerade im Minimalismus von Sometimes You Die einen unikalen Charme erkannt zu haben.

Sterben, um zu überleben

Spielmechanisch lehnte der 22-jährige Niederländer sein Werk deutlich an etablierte Indiehits wie VVVVVV und Super Meat Boy an, die Spieler mit äußerst harten, aber stets fairen Hüpfrätseln immer wieder aufs Neue zu motivieren vermögen. Wie auch in den Vorbildern stirbt der Spieler in Sometimes You Die ausgesprochen oft und muss das Level von vorne beginnen. Das eigene Absterben, allerdings, ist hier in die Spielmechanik einkalkuliert. Dem morbiden Grundgedanken entsprechend, bleibt der eigene Körper nämlich physikalisch korrekt in der Spielwelt liegen… und kann sogar als Hüpfplattform benutzt werden. So führt die, für das Genre typische, hohe Sterberate nicht nur bloß zu Frust, sondern erweist sich als integraler Schritt auf dem Weg, das Level erfolgreich zu meistern.

Existenzielle Angst als Unterhaltung

Doch auch die minimalistische Grafik scheint kein Hindernis, sondern eher ein weiter Schlüssel zum Erfolg von Sometimes You Die zu sein. Graue Schächte, lediglich von nackten Glühbirnen beleuchtet, schwarze Hintergründe und Hindernisse, die lediglich als Konturen zu erkennen sind – all das ergänzt sich gelungen mit den zahlreichen philosophischen Botschaften, die ganze Wände füllen und von einer monotonen, fast schon mechanischen Stimme laut vorgelesen werden. Um den Wert des Lebens oder um den kategorischen Imperativ geht es hier ganz im Vorbeigehen. Während Philipp Stollenmeyer schon fürchtete, diese Kombination aus Minimalismus und philosophischer Tiefe würde vielleicht nur bei Festivaljurys Gefallen finden, sprechen die Verkaufszahlen eine ganz andere Sprache. Die Virtuosität, mit der Sometimes You Die gute Unterhaltung mit einem Grundgefühl der existenziellen Angst verbindet, hat sich auch für einen sehr breiten Spielerkreis als verlockend erwiesen. Ein Grund, wieso Spaß und Morbidität zusammen so gut funktionieren, könnte auch darin liegen, dass Philipp Stollenmeyer diese von Anfang an harmonisch zusammengedacht hat. Er wollte ein Spiel schaffen, sagt er, das „seine eigene Existenz als Spiel hinterfragt“. Dies ist durchaus gelungen, auch wenn (oder gerade weil) die Verkaufszahlen nicht den Wert des Spieles zu hinterfragen scheinen.

Thomas Jung


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